Fuhrberger Zimmerei - seit 1994

07. Juni 2024
Hannoversche Allgemeine Zeitung / Neue Presse

Ein Faible für Fachwerkhäuser

Seit 30 Jahren gibt es die Fuhrberger Zimmerei. Ihre markanten Gebäude stehen in ganz Deutschland – und sogar im Ausland. Doch die Krise der Baubranche geht auch an der Zimmerei nicht vorbei.

Von Thea Ball

Fuhrberg. Die Fenster weisen die typischen Sprossen auf, zwischen die Holzbalken schmiegen sich rote Klinker. Sägegeräusche und Hämmern dringen aus dem Inneren des Gebäudes. Frank Töllner läuft in das Haus, zeigt auf die verzierten Eichenbalken, deutet auf die Holznägel, die die Balken miteinander verbinden. Am Wiehlohweg im Burgwedeler Ortsteil Fuhrberg entsteht derzeit eine kleine Fachwerkhaussiedlung. Bauträger und Makler ist die nur wenige Straßen entfernt ansässige Fuhrberger Zimmerei. Töllner ist einer von drei Geschäftsführern. „Für Fachwerk brauchen Sie viel Spirit und gute Ideen“, sagt er.

Ein Container war der Start

30 Jahre ist es inzwischen her, dass der Zimmermeister zusammen mit Christian Zeymer und Horst Kuhlmann die Fuhrberger Zimmerei gegründet hat. Eine Bank, ein Briefkasten, ein kleines Vordach – das seien damals im Juni 1994 ihre ersten Aufträge gewesen, erinnert sich Töllner. Seine Eltern stellten den drei Jungunternehmern eine Wiese am Mohnpfuhlenweg zur Verfügung, ein Container diente als Firmenzentrale. „Gestartet sind wir mit Sanierungsarbeiten und Dachstühlen, selbst Dachrinnen haben wir gesäubert“, so Töllner.

Ihre Namen und die Jahreszahl: Christian Zeymer (von links), Frank Töllner und Horst Kuhlmann haben gemeinsam 1994 die Fuhrberger Zimmerei gegründet. Das Musterhaus, vor dem sie stehen, gibt es seit rund fünf Jahren. Foto: Philipp Deppe

Stück für Stück herangetastet

Die heutigen Projekte haben ganz andere Dimensionen. Zwischen kleineren Aufträgen wie Terrassen, Zäunen und Gartenhäuschen hat sich das „Fuhrberger Fachwerkhaus“ zum Steckenpferd des Unternehmens entwickelt. Seit rund 20 Jahren ist es eine geschützte Marke. Vor der Firmengründung arbeiteten die drei Geschäftsführer bei Otto Turek in Thönse, der ein Faible für Fachwerk hatte. „Das konnte er ausgesprochen gut, das haben wir so mitgenommen“, so Töllner. „Der klassische Holzbau wurde uns in die Wiege gelegt“.

Von der Planung bis hin zum fertigen Rohbau macht die Fuhrberger Zimmerei – bis auf Bodenplatten und Fenster – inzwischen alles selbst. „Wir sind Stück für Stück daran gewachsen. Wir haben ja nicht von vornherein schlüsselfertige Häuser gebaut“, sagt Töllner.

Die Eichenbalken, die die Zimmerei für ihre Häuser verwendet, fertigt sie auf ihrem Firmengelände an der Mellendorfer Straße vor. In zwei großen Lagehallen stapelt sich das Holz, mithilfe der sogenannten Hundegger-Maschine lässt sich es in die richtige Form bringen. Dann stecken die Zimmerer die Balken zusammen, nehmen händisch die nötigen Bohrungen vor und bauen die Teile dann wieder auseinander, um sie zur Baustelle zu transportieren.

Die Baustelle ist nicht jedes Mal so nah dran, wie die kleine Fachwerksiedlung am Wielohweg. Nachdem die Fuhrberger Zimmerei anfänglich ihre Häuser nur in der näheren Umgebung aufstellte, entschied sie sich irgendwann dazu, auch auf Montage zu gehen. Das Unternehmen baut bundesweit, auch in Kaliningrad (Russland), Großbritannien und Lettland wohnen Menschen in Fuhrberger Fachwerkhäusern. Rund 350 Gebäude dieser Art gibt es derzeit insgesamt. Manchmal, erzählt Töllner, werde ein solches Fachwerkhaus zu einer Art lokalem Wallfahrtsort. So zuletzt geschehen in Bad Sassendorf, wo das Fachwerkhaus auch das Interesse der lokalen Presse weckte. „Das ganze Dorf spricht über diesen Neubau“, so Töllner.

Neue Häuser, alte Bauweise: Am Wielohweg in Fuhrberg entsteht eine kleine Fachwerkhaussiedlung. Foto: Thea Ball

Basisversion ab 600.000 Euro

Dabei ist ein Fachwerkhaus kein Schnäppchen. Für das sogenannte Basishaus mit 160 Quadratmetern müssten Kundinnen und Kunden mindestens 600.000 Euro auf den Tisch legen, sagt Töllner. Bei Extrawünschen – wie etwa einem zusätzlichen Giebel – werde es schnell teurer. Doch warum entscheiden sich Bauwillige ausgerechnet für ein Fachwerkhaus? Eigentlich, sagt Töllner, habe es in drei Bereichen einen schlechten Ruf: „Es ist zu dunkel, es ist schlecht gedämmt und es knatscht.“ All das treffe auf alte Fachwerkhäuser zu, die nicht entsprechend saniert worden seien.

Am Wielohweg wird schnell deutlich, dass das bei neuen Fachwerkhäusern ganz anders ist. Durch die großzügigen Sprossenfenster fällt das Licht auf die verzierten Balken. Außen befindet sich das tragende Fachwerk, innen werden als Dämmung sogenannte Thermoelemente angebracht. Und der Fußboden? Von Knatschen keine Spur. Das allein können auch andere moderne Häuser. Ausschlaggebend fürs Fachwerk sei für Kundinnen und Kunden eher, dass es „zeitlebens und zeitlos“ schick sei – und dass die Auftraggeber ein Faible für solche Häuser hätten, bei denen vieles aus dem Naturmaterial Holz bestehe, sagt Töllner. „Wer das nicht von Herzen macht, der landet nicht bei uns.“

Brand auf Firmengelände 2016

Als Vorzeigeobjekt für Kundinnen und Kunden hat sich die Fuhrberger Zimmerei ein Musterhaus gebaut. Es steht ebenfalls auf dem Firmengelände und dient zugleich als Bürogebäude.

Mit Inschriften über der Tür lassen sich die Fachwerkhäuser zusätzlich personalisieren. Typischerweise steht dort auch, wann das Haus errichtet wurde. Etwas anders haben es Töllner, Zeymer und Kuhlmann bei ihrem Musterhaus gehandhabt. Sie haben ihre Namen und das Gründungsjahr der Zimmerei in die Balken eingraviert. Das Haus ist aber erst fünf Jahre alt. Es ist, so könnte man sagen, das Ergebnis eines Unglücks.

2016 brannten das Bürogebäude und ein Teil der Lagerhalle ab. „Das war eine ganz große Katastrophe“, sagt Töllner. Zwischenzeitlich zog die Fuhrberger Zimmerei bei der benachbarten Firma mit ein, kümmerte sich zuerst um eine neue Lagerhalle. Im Gegensatz zur vorherigen ist diese nun beheizbar – mit einer Hackschnitzelheizung, die mit eigenen Holzresten befüllt wird. Zusätzlich baute die Fuhrberger Zimmerei das Musterhaus. „Im Prinzip sind wir dann stärker zurückgekommen, als je zuvor“, so Töllner.

Auf einer Wiese fing alles an: Horst Kuhlmann (von links), Frank Töllner und Christian Zeymer haben die Fuhrberger Zimmerei im Juni 1994 gegründet. Foto: Privat

Krise der Baubranche zu spüren

Der Brand war nicht die einzige Krise, die das Unternehmen meistern musste. Einmal wurde die Zimmerei Opfer eines Cyberangriffes, ein anderes Mal stahlen Diebe Handmaschinen. Um das Diebesgut abtransportieren zu können, machten sich die Täter prompt auch noch ein Fahrzeug der Firma zu eigen. „Das hat man dann irgendwo auf der A2 gefunden“, berichtet Töllner.

Die vielleicht größte Krise der Fuhrberger Zimmerei aber ist die, in der sie aktuell steckt. Die Preise für Baumaterialien sind gestiegen, ebenso die Zinsen für einen Baukredit. Die Folge: Viele können sich Bauen nicht mehr leisten. Die gesamte Baubranche hat zuletzt einen Einbruch erlebt. Auch die Fuhrberger Zimmerei. „Wir haben einen Einbruch von 80 Prozent, was die Anfragen belangt“, sagt Töllner. „Dass die Wirtschaft so eingebrochen ist, habe ich in den 30 Jahren noch nicht erlebt.“ Er vermutet, dass auch veränderte gesetzliche Vorgaben für Bauwillige für Verunsicherung sorgen.

Jetzt, vor den Sommerferien, seien noch ein paar Kunden auf sie zugekommen, die sich zumindest schon mal einen Vorentwurf haben anfertigen lassen, sagt Töllner. Ansonsten sehe man zu, abseits des Fachwerkhauses möglichst viele Aufträge hereinzubekommen. „Der klassische Holzbau rettet uns jetzt“, sagt Töllner. „Gut, dass wir ihn nie außer Acht gelassen haben.“ Nach 30 Jahren Unternehmensgeschichte erleben sie nun also gerade eine Renaissance – der Briefkasten, die Bank und das kleine Vordach.

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